Fronleichnam in alter Zeit
Das Fronleichnamsfest ist sicher das katholische Fest mit der größten „Außenwirkung“. Traditionell wird das Allerheiligste durch
Feld und Flur getragen und Gottes Segen an vier Stationen, in vier Himmelsrichtungen erbeten.
Die historische Postkarte von 1912 gibt Anlass, auf die besondere Situation hinzuweisen, in der vor 150 Jahren die Prozession
abgehalten wurde.
Pfarrer und Schuldistrictsinspektor Joh. Ev. Schöttle berichtet in der Kirchheimer Chronik von 1860 über folgenden Verlauf der
Fronleichnamsprozession:
„Der Zug bewegt sich von der Kirche durch den Klosterbogen
beim Bräuhaus L durch den Klostergarten an den Fischgruben
vorbei zum Gartenhaus C wo die 1. Station, an dem Spring-
brunnen vorbei zu dem Ökonomiegebäude H, 2. Station, dann
zum Schulhaus B wo bei I die 3. Station, bei K am Pfarrhause
die 4. Station gehalten wird. So ist weder der katholische noch
der prothestantische Theil geniert.“
Die Beschreibung dieses Prozessionsweges löst heutzutage
sicher einige Irritationen aus, da eine Orientierung zunächst
schwierig erscheint. Alles spielte sich dazumal innerhalb der
Klostermauern ab. Vom Klosterhof durchschritt man einen
heute nicht mehr existenten Torbogen zwischen dem Abtei-
flügel beim Kindergarten und einem ehemaligen Gebäude
neben der Brauerei. Eine Ahnung von den Fischgruben aus
der Klosterzeit gibt heute noch der kleine Weiher im südlichen
Bereich des Klostergeländes innerhalb der Klostermauer. Von
dort schwenkte der Festzug dann Richtung Blasienberg. Aus
alten Plänen kann man entnehmen, dass im westlichen Teil
des Klostergeländes ein kleiner Park mit dem oben genannten
Gartenhaus und etwas weiter ein Springbrunnen angelegt war.
Das Ökonomiegebäude, vor dem die zweite Station gemacht
wurde, ist das Gebäude am Torbogen mit den Hausnummer 3
und 5. Dann ging es zum Schulhaus, das an der Stelle des
heutigen Parkplatzes stand und als Gasthaus des Klosters in
die Geschichte einging.
Eine Infotafel im Klosterhof kennzeichnet diesen Standort. Die
abschließende vierte Station war dann vor dem Alten Pfarr-
haus.
Übrigens: Im Jubiläumsbuch der Kirchheimer Feuerwehr findet
man auf Seite 114 den von Pfarrer Schöttle anläßlich des
großen Brandes von 1855 gezeichneten Ortsplan, auf den
sich auch die Buchstaben der obigen Beschreibung beziehen.
Die Karte zeigt den Ausschnitt vom Klosterareal.
Freundeskreis Kloster Kirchheim e.V.
Text und Bild: Edwin Michler